Erfolgreich Netzwerken – Wie Kontakte zu Beziehungen werden

von Catherine Tenger | 15. Mai 2023

Einer der entscheidenden Faktoren für den beruflichen Erfolg ist das Knüpfen und Kultivieren persönlicher Beziehungen. Zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass ein gut gepflegtes Netzwerk massgeblich dazu beiträgt, mehr Geschäftsmöglichkeiten zu eröffnen, neue Impulse und Ideen zu generieren und mehr Einfluss zu nehmen – egal, ob für eine gute Sache, ein persönliches Ziel oder den Erfolg des Unternehmens.

Aber wie funktioniert gutes Networking? Hier ein paar Tipps.

Pflegen Sie Ihr Know-Who genauso wie Ihr Know-How

Die Wahrheit ist, dass Networking mehr bedeutet als die Erweiterung der Kontaktliste. Für die wenigsten ist es eine alltägliche Selbstverständlichkeit, für die sie sich bewusst Zeit nehmen.

Widmen Sie daher regelmässig einen bestimmten Teil Ihrer Zeit dem Networking. Knüpfen Sie Kontakte, pflegen Sie Bekanntschaften, tauschen Sie Informationen aus, nutzen Sie Synergien. Und vor allem: Tun Sie Personen in Ihrem Netzwerk einen Gefallen – ohne versteckte Motive oder die Erwartung, dass sofort etwas zurückkommt. 

Verlinken Sie andere

Unzählige Beispiele zeigen, dass Leute, die grosszügig bei der Vernetzung anderer sind, meistens ebenso bereitwillig mit Menschen zusammengebracht werden, zu denen sie sonst keinen Zugang hätten. Gegenseitigkeit ist ein soziales Grundprinzip, das seit jeher Nährboden für gute Beziehungen und Vertrauen ist.

Erstaunlicherweise geht dieser Grundsatz beim Kontaktmanagement oft vergessen: Der Fokus vieler Networking-Aktivitäten ist einzig darauf ausgerichtet, für sich selbst neue, nutzbringende Kontakte zu knüpfen. Die besten Netzwerker sind aber die, die Kontakte vermitteln, nicht nur suchen.

Wie Sie das umsetzen? Hören Sie im Small Talk aufmerksam zu. Wenn jemand zum Beispiel davon spricht, sich einmal selbständig machen zu wollen, überlegen Sie im Nachgang, ob Sie jemanden kennen, die oder der schon Erfahrung damit hat. Erkundigen Sie sich bei beiden Personen, ob sie interessiert sind, einander kennenzulernen. Wenn beide ja sagen, vernetzen Sie sie – ob persönlich, per Mail oder auf LinkedIn – und überlassen Sie ihnen das Weitere.

Tun Sie anderen Gutes und bitten Sie um Gefallen

Machen Sie es sich zu einer alltäglichen Gewohnheit, darüber nachzudenken, wem Sie von sich aus etwas Gutes tun könnten. Und wenn Sie um Unterstützung gebeten werden, machen Sie wenn möglich mit. Mit etwas Geduld kommt es früher oder später in irgendeinem Zusammenhang zurück. Die wenigsten Menschen vergessen, wenn man ihnen eine Gelegenheit geboten oder ihnen geholfen hat – und irgendwann, wenn es für Sie wichtig ist, werden Sie ohne moralische Bedenken um einen Gefallen bitten können.

Wenn es soweit ist, sollten Sie schnell zum Punkt kommen und nicht zögern. Je länger Sie sich im Gespräch mit der Bitte zurückhalten, desto eher laufen Sie Gefahr, dass es eine andere Richtung nimmt. Sie sind dann ausserdem nicht wirklich am Zuhören, da Sie im Hinterkopf damit beschäftigt sind, den passenden Moment für Ihren Einstieg zu finden.

Nutzen Sie die Stärke schwacher Beziehungen

Oft wird der Wert sogenannter «schwacher Beziehungen» unterschätzt. Wir neigen dazu, Menschen, mit denen wir nicht so vertraut sind oder zu denen wir unregelmässig und selten Kontakt haben, bei der Netzwerkpflege zu vergessen. Dabei sind es genau diese Beziehungen, die uns in beruflicher Hinsicht oft hilfreicher sein können als unsere engsten Freunde: Sozialpsychologisch gesehen sind die meisten Personen, zu denen wir eine starke Bindung aufbauen, uns ähnlich. Es ist leicht, sie kennenzulernen und das Zusammensein mit ihnen ist deshalb so angenehm, weil sie unsere Werte teilen und oft auch in einer ähnlichen Lebenssituation sind.

Wenn es jedoch darum geht, frische Impulse, neue Möglichkeiten und Zugang zu anderen Denkweisen zu erhalten, haben wir die besseren Chancen bei Leuten, die wir nicht so oft sehen, die uns nicht so ähnlich sind, die nicht die gleichen Dinge wissen und dieselben Leute kennen wie wir. Ein Netzwerk ist dann karriereförderlich, wenn die Personen darin nicht mehrheitlich aus der gleichen Branche, Hierarchiestufe, Interessensgruppe oder des gleichen Alters und Geschlechts sind.

Managen Sie Ihre Kontaktliste

Legen Sie eine Liste an mit privaten, beruflichen und sich überschneidenden Kontakten. Halten Sie fest, wann und wo Sie diese Person kennengelernt haben, was Sie gemacht und worüber Sie gesprochen haben, was die allfälligen nächsten Schritte sind. Und auch, durch wen Sie diese Person kennengelernt haben. Diese Personen sind Ihre Vermittler und wichtig! Auch sie müssen gepflegt werden.

Verkaufen Sie sich nicht

Es ist leicht, in die Networking-Falle zu tappen und sich nur zu verkaufen. Die meisten Menschen, ob auf ihrer bevorzugten Social-Media-Seite oder bei einer Networking-Veranstaltung, sind jedoch nicht darauf aus, etwas zu kaufen. Führen Sie lieber interessante Gespräche, anstatt auf Menschen einzureden. Die beste Art, sich zu verkaufen, ist, die beste Version von sich selbst zu sein (und nicht ein wandelndes Verkaufsgespräch). Das bedeutet, zu wissen, wofür Sie stehen, was Sie können und wofür Sie geschätzt werden wollen.

Was Networking wirklich bedeutet

Networking ist jede Aktivität, die dazu beiträgt, den Wert des gesamten Beziehungsgeflechts zu erhöhen – nicht nur für sich selbst. Anders gesagt: Wenn Sie aktiv dafür sorgen, dass andere von Ihrer Bekanntschaft oder der Beziehung zu Ihnen profitieren, haben Sie längerfristig die besten Chancen, auch von Ihrem Netzwerk belohnt zu werden. Pflegen Sie Ihr Netzwerk mit Weitsicht – nicht erst, wenn Sie es brauchen.

Dieser Artikel ist in Insights, dem Online Magazin der LGT in deutsch und englisch erschienen.

Wie gelingt Smalltalk?

von Catherine Tenger | 27. März 2023

Eine unterschätzte Kunst: Gekonnter Smalltalk bricht das Eis, öffnet Türen, verbindet Unbekannte. So gelingt er. 

Wer kennt die Situation nicht: Nach einem langen Arbeitstag besucht man noch eine Networking-Veranstaltung, lauscht einem ansprechenden Vortrag – und dann kündigen die Gastgeber den Aperitif an. Die Besucher strömen aus dem Plenum – Zeit für den Empfang und für Gespräche. Man würde am liebsten ein Glas trinken und dann verschwinden. Denn wie soll man auf jemand Wildfremden zugehen? Worüber soll man ohne besonderen Grund sprechen? Wie das Gespräch elegant verlassen?

Antworten auf diese und weitere Fragen zum Thema Small Talk finden Sie in meinem Gastbeitrag in Insights, dem Online Magazin der LGT Bank. Viel Vergnügen.

Soft Skills und die Statuswippe

von Catherine Tenger | 26. Januar 2023

Beim Thema Soft Skills geht es im Kern immer um zwei Dinge: Wie trittst du auf und wie gehst du mit anderen um. Und das ist alles eine Frage der Perspektive – oder anders gesagt, des Kontexts und des Status. Mit Status ist hier nicht die gesellschaftliche Stellung gemeint, sondern die Haltung, die man gegenüber einer einzelnen Person, einer Gruppe oder einem Raum in einer bestimmten Situation einnimmt.

Ursprünglich kommt der Begriff aus dem Improvisationstheater. Und weil Theater immer auch aus dem Leben gegriffen ist, können Sie Statusverhalten jeden Tag in Ihrem eigenen Umfeld erleben und beobachten. Es sagt etwas darüber aus, wie viel Zeit und Raum man sich nimmt, wie laut oder leise und wie viel man spricht, wie gross die Gesten ausfallen, wieviel man bestimmen kann, ob man Blickkontakt hält oder ihm ausweicht etc.

Wenn eine Begegnung positiv verläuft – sei das mit einem Kunden, einer Mitarbeiterin, einem Kollegen oder einer Freundin – sind beide Gesprächspartner abwechselnd im nahe beieinanderliegenden Hoch- und Tiefstatus. Ein Beispiel: Sie haben eine Sitzung mit einer Kundin in Ihrem Unternehmen. Sie sind im Hochstatus, der Raum gehört Ihnen – Ihre Bewegungen sind grosszügig, Sie durchschreiten die Lobby grossflächig, um sie in Empfang zu nehmen. Sie führen zum Sitzungszimmer, bieten der Kundin einen Platz an, offerieren ihr etwas zu trinken. Sie fragen, Sie führen. Sie haben soweit die Regie. Dann möchten Sie von ihr wissen, was sie sich wünscht, was ihre Bedingungen für eine Zusammenarbeit sind und machen ihr dadurch ein Statusangebot. Sie nimmt an, indem sie sagt: „Wir brauchen einen Partner, der bis in zwei Jahren unseren Namen im Markt festigt. Können Sie das?“ Ihre Kundin hat sich dabei vielleicht vorgelehnt, die Ellbogen auf dem Tisch etwas ausgebreitet und die Hände locker gefaltet, blickt Sie wach, direkt und gespannt an. Jetzt hat sie vom Tiefstatus in den Hochstatus gewechselt. Und nun sind Sie wieder dran: Sie haben sich gut vorbereitet, wissen, was zu tun ist, erkennen Prioritäten und beginnen engagiert und begeistert mit Ihrer Präsentation. Sie sind jetzt auf der Statuswippe also wieder oben. Ihre Gesprächspartnerin nimmt dabei eine abwartende, aufmerksame Haltung ein und hört Ihnen interessiert zu. Sie sitzt auf der Wippe wieder unten.

Wenn es gut läuft, ist das Statusspiel kein Machtspiel. Ein Machtspiel findet nämlich nur dann statt, wenn sich beide Haltungen zu weit voneinander wegbewegen. Bin ich zu hoch oben, trete ich arrogant, dominierend, abwertend, bestimmend auf. Zu tief, dann trete ich unterwürfig, verkrampft, unsicher, devot auf. Nehmen wir dazu das Beispiel von vorhin: Ihr Kunde hätte sich nicht interessiert und aufgeschlossen vorgebeugt, sondern sich vielleicht langsam zurückgelehnt, den Arm über die Stuhllehne gelegt, den Kopf zur Seite geneigt und Sie direkt, mit einer erhobenen Augenbraue und einem unbescheidenen Lächeln angeschaut: „Wir brauchen einen Partner, der bis in zwei Jahren unseren Namen im Markt festigt. Können Sie das?“ Und was passiert dann? Sie werden vielleicht unsicher, nervös, rechtfertigend und unterwürfig. Oder Sie kontern ebenso arrogant und stehen vielleicht lässig auf, legen Ihre Hände auf die Rückenlehne Ihres Sessels, atmen betont langsam ein und aus und sagen, ebenfalls süffisant lächelnd: „Wir sind die erfolgreichste Agentur in der Branche, unsere Kundenliste liest sich wie das Who-is-Who der Privatwirtschaft – ich denke, wir kriegen das auch für Ihr Startup hin.“ Sie verstehen, was ich meine. Beide schaukeln sich in einen Hochstatus, der die Balance ins Wanken bringt. Das wird so auf lange Sicht kein gutes Kundengespräch, sondern ein Powergame. Macht oder auch nur das subjektive Gefühl von Macht ist eine erwiesenermassen schlechte Voraussetzung für die Perspektivenübernahme, d.h. der Fähigkeit, die Situation bzw. die Welt mit den Augen des anderen sehen zu können.

Was können Sie dann aber tun? Der Schlüssel liegt in Ihrem inneren Status. Wenn Sie innerlich gefestigt, überzeugt und gut vorbereitet sind, wenn Ihr Standpunkt für Sie selbst glasklar ist, dann haben Sie Selbstvertrauen. Sie sind also innerlich im Hochstatus und bleiben es während der gesamten Begegnung. Mit dieser Voraussetzung können Sie selbst entscheiden, wann Sie sich nach aussen hin durchsetzungsstark, voller Energie und mit Überzeugungskraft präsentieren. Aber Sie erkennen auch, wann es Sinn macht, sich zurückzunehmen, dem anderen Raum zu geben und den Hochsitz auf der Wippe Ihrem Gegenüber zu überlassen.

Hier ein paar Beispiele, wie Sie Ihrem inneren Hochstatus im Alltag bewusst Schub geben können:

Machen Sie sich mit der Umgebung vertraut. Je besser Sie einen Raum kennen, desto souveräner können Sie sich darin bewegen.

  • Sie müssen eine Präsentation halten? Stellen Sie sicher, dass Sie vor Ihrem Auftritt – wenn auch kurz – Zeit haben, sich am Ort umzusehen, den Raum zu spüren, sich Ihre Zuhörer vorzustellen (auch in den sprichwörtlichen Unterhosen, falls Sie zu Lampenfieber neigen), wie weit weg sie sitzen, wo Sie sich bewegen werden, wie es mit der Technik aussieht. Der Raum gehört dann Ihnen.
  • Sie haben eine Kundensitzung im eigenen Haus? Gehen Sie schon einmal in das Sitzungszimmer und legen Sie Ihre Unterlagen und Ihren Laptop dort ab, bevor Sie Ihren Gast an der Rezeption abholen. Das steigert Ihre Ausstrahlung und Ihren Status als empfangende Person.
  • Eine Sitzung, bei der Sie nicht die Gastgeber sind? Wenn Sie im Sitzungszimmer oder am Empfang warten müssen, bleiben Sie stehen, schauen Sie sich die Umgebung, die Auslagen, die Kunst an den Wänden an, wechseln Sie ein paar freundliche Worte mit dem Empfangspersonal. Ihre so entstehende Vertrautheit wird Ihnen Souveränität und mehr Lockerheit verleihen.
  • Sie laden jemanden ins Restaurant ein? Gehen Sie etwas früher hin, schauen Sie sich den Tisch an, stellen Sie sich der Servicefachkraft persönlich vor und fragen Sie sie auch nach ihrem Namen. Wenn Sie ihr dann noch sagen, dass Sie eine wichtige Einladung haben und ihr dankbar sind, wenn sie Ihnen dabei hilft, ein guter Gastgeber zu sein, erhalten Sie in den meisten Fällen so viel Rückendeckung, dass Sie sich komplett auf Ihren Gast konzentrieren können. So, als hätten Sie ihn zu sich nach Hause eingeladen.

Hier ein paar Beispiele, wie Sie mit Ihrem inneren Hochstatus situativ und vorübergehend den Hochsitz auf der Statuswippe abgeben können:

  • Falls Sie anderen Menschen gegenüber hierarchisch höher stehen, sagen Sie ihnen auch, wenn Sie etwas von ihnen gelernt haben.
  • Wenn jemand für ein Gespräch in Ihr Büro kommt, setzen Sie sich mit der Person an einen separaten Sitzungstisch, falls Sie einen haben, statt hinter Ihrem Schreibtisch „Audienz“ zu halten.
  • Bitten Sie Ihr Gegenüber um einen Gefallen, einen Rat, eine Meinung.
  • Nehmen Sie weniger Raum ein, sowohl physisch als auch akustisch.
  • Entschuldigen Sie sich, wenn Sie einen Fehler gemacht haben.
  • Lachen Sie über sich selbst.

Denken Sie immer daran, dass Sie auf der Statuswippe kleine Auf- und Ab-Bewegungen machen. Sie wissen ja noch, wie das damals war auf dem Spielplatz: Wenn Sie beim Schaukeln zu heftig und tief nach unten sausen, schleudern Sie Ihren Partner unter Umständen in unbeabsichtigte Höhen.

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Mehr zum Thema Soft Skills finden Sie in meinem Buch „Format“. Das finden Sie hier oder hier.

Überlebenshilfe fürs Weihnachtsessen

von Catherine Tenger | 5. Dezember 2022

In der Vorweihnachtszeit häufen sich die Einladungen – sowohl geschäftlich als auch privat. Oft weiss man gar nicht mehr, wie man alles unter einen Hut bringen soll. Im privaten Rahmen läuft das meistens sehr entspannt ab, man kennt sich und geht vertraut miteinander um. Aber wie sieht das im Geschäftsleben aus?

Spricht man von Tischkultur, denken die meisten automatisch an das grosse Gedeck und das Zerlegen eines Hummers. Aber Tisch- oder Esskultur ist umfassender als Tischsitten; sie ist die Pflege eines bestimmten Lebensgefühls. Für die einen ist es der Genuss der gehobenen Küche im Sternerestaurant, für andere die Glückseligkeit einer Bratwurst am Weihnachtsmarkt und für viele von uns ist es das Kochen für Familie und Freunde in den eigenen vier Wänden. Sich am Tisch zu versammeln und gemeinsam zu essen ist weitaus mehr als reine Verpflegung oder ein Zeremoniell. Essen verbindet – ganz egal, ob es auf einem Porzellan- oder auf einem Pappteller serviert wird. Formelle Regeln und das grosse Gedeck sind nicht die Voraussetzung für ein gelungenes Essen mit anderen Menschen – solange wir uns bewusst sind, dass es sich nicht gehört, mit offenem Mund zu kauen, mit dem Besteck zu fuchteln, uns über den Teller zu hängen und solange wir einfach grundsätzlich keine ästhetische Herausforderung für unsere Tischgenossen sind, weder akustisch noch visuell.

Und doch: Dann sitzt man beim Weihnachtsessen mit einem Kunden im Restaurant oder bei einem Vorstellungsgespräch (für den neuen Job oder bei den potentiellen Schwiegereltern) und stellt sich im Hinterkopf Fragen, die man sich beim Essen mit Freunden in ungezwungener Atmosphäre so nicht stellen würde: Soll ich im oder vor dem Restaurant warten? Mich bei der Servicekraft jedes Mal bedanken, wenn sie mir einschenkt oder ist das unhöflich meinem Gesprächspartner gegenüber? Wer bestellt? Wie viel? Wie setzen wir uns hin? Kann ich mein Brot in die Sauce tunken? Welches Besteckteil brauche ich jetzt? Muss ich das essen?

Etwas in dieser Beziehung herzumachen ist schon deshalb vorteilhaft, weil Verhandlungen – und offenbar auch Dates – nachweislich besser laufen, wenn man dabei gemeinsam am Tisch sitzt. Da ist man mit der Kenntnis der Regeln im Vorteil, weil sie Orientierung bieten und Sicherheit geben. Ausserdem kann ein gewisses „Savoir-faire“ in vielen dieser Fälle matchentscheidend sein.

So schenke ich Ihnen nachfolgend als Überlebenshilfe für alle Weihnachts- und sonstige Essen ein kleines Tischmanieren-Lexikon und wünsche Ihnen eine frohe und entspannte Adventszeit. Wenn Sie wissen möchten, was gute Gastgeber_innen ausmacht und wie man als Gast eine gute Figur macht, dann schenken Sie sich mein Buch FORMAT.

Herzlich, Ihre Catherine Tenger

Anstandsrest

In der heutigen Zeit darf man in unserem Kulturkreis den Teller leer essen und muss keinen Anstandshappen mehr zurücklassen. Ist zudem auch angebracht und zu empfehlen, um Food Waste zu vermeiden.

Anstossen

Nur in kleiner Runde und nur mit Wein, Champagner, Sekt und Prosecco, heute auch mit Wasser in einem Glas mit Stiel. In grösseren Runden, wenn es etwas zu feiern gibt (dann aber aufstehen, um mit allen anstossen zu können). Die Initiative zum Anstossen übernehmen immer die Gastgeber (siehe auch Zuprosten). Tun sie es nicht, sollten Gäste nicht eigenmächtig die Gläser klingen lassen.

Apéro (Anlass)

Gesellschaftlicher Brauch in der Schweiz und in Frankreich, fester Bestandteil der Alltagskultur – ein Get-together bei Getränk und Fingerfood. Der Apéro kann am Anfang oder am Ende der Veranstaltung (z.B. Vortrag, Vernissage, Theaterstück etc.) und auch begleitend dazu stattfinden, sowie als Einstimmung auf das eigentliche Essen.

Der Apéro riche (oder Apéro dînatoire) ersetzt eine Mahlzeit, da eine ganze Menüfolge serviert wird (als Flying Dinner oder als Buffet).

Beim Apéro muss nicht mit dem Trinken gewartet werden, bis es vom Gastgeber initiiert wird. Jeder beginnt zu seiner Zeit und kann denjenigen zuprosten oder mit ihnen anstossen, mit denen er im Gespräch ist.

Nüsschen nur mit einem Löffel nehmen und in die Hand legen. Nie mit der Hand ins Schälchen greifen.

Spiesse und Olivensteine auf Tellerchen oder kleine Papierservietten legen, nie auf die Platte zurück.

Gemüse-Sticks etc. nur in den Dip auf dem eigenen Teller tauchen. Bei allgemeiner Dip-Schale nie zweimal dippen.

Apéro/Aperitif (Getränk)

Appetitanregende Getränke, die vor dem Essen eingenommen werden, z.B. Champagner, Prosecco, trockene Weissweine, Pastis, Sherry, Kir, Campari-Variationen, Aperol, Pre-Dinner-Cocktails, Sanbittèr, Crodino etc.

Bier ist per Definition kein Aperitif, heisst aber nicht, dass man es nicht vor dem Essen trinken darf. Korrekterweise bestellt man aber „ein Bier statt eines Aperitifs“.

Wenn bei einer Veranstaltung der Apéro in einem anderen Raum als das Essen stattfindet, wird das Aperitif-Glas nicht mitgenommen, wenn man sich an den Tisch setzt. Ausgenommen, man wird von den Gastgebern dazu aufgefordert.

Besteck (Gedeck)

Wird von innen nach aussen aufgedeckt. Benutzt wird es von aussen nach innen.

Die Gabel und das Messer der Hauptspeise liegen ganz innen, am nächsten beim Teller; das Besteck für die erste Vorspeise ganz aussen.

Rechts werden maximal vier Besteckteile (inklusive Suppenlöffel), links maximal drei eingedeckt. Gibt es mehr als vier Gänge vor dem Dessert, wird zusätzliches Besteck mit dem jeweiligen Gang serviert. Ist dies der Fall, benutzt man nur das mitgereichte Besteck.

Besteck (Handhabung)

Essbesteck soll so unauffällig wie möglich verwendet werden, sowohl visuell als auch akustisch. Das bedeutet möglichst wenig Platz einzunehmen, nicht mit dem Besteck in der Hand zu gestikulieren und nicht zu kratzen oder zu klappern.

Die Gabel beim Schneiden nicht in der Faust halten, sondern den Zeigefinger in Richtung Gabelwölbung strecken.

Die Gabel zum Mund führen wie einen Spiess mit der Wölbung nach oben (britische Art) oder nach dem Schneiden die Gabel drehen und mit den Zinken nach oben, wie eine Schaufel (französische Art) – in unserem Kulturkreis ist beides OK.

Suppenlöffel mit der Spitze zum Mund führen und nach dem Essen auf den Unterteller ablegen (wenn es einen gibt), nicht im Teller oder in der Tasse. Das gilt für alle Löffel – auch bei Desserts und anderen Speisen, die mit einem Unterteller serviert werden.

Besteck (Sprache)

Je nachdem, wie Sie das Besteck ablegen, signalisieren Sie:

Danke, ich bin fertig.

Messer und Gabel werden auf dem Teller abgelegt wie die Zeiger einer Uhr, wenn sie auf 16.25 Uhr steht. Für alle Digital Natives, die kein Zifferblatt mehr kennen: Die Griffe liegen in der Mitte des unteren rechten Viertels, die Spitzen in der Mitte des Tellers. Das Messer liegt dabei oberhalb parallel zur Gabel mit der Klinge zu Ihnen gerichtet, die Gabel liegt auf ihrer Wölbung, die Zinken zeigen nach oben.

Ich bin noch nicht fertig, ich mache eine Pause.

Messer und Gabel werden auf dem Teller abgelegt wie die Zeiger einer Uhr, wenn sie auf 08.20 Uhr steht, bzw. wie ein Giebeldach. Die Griffe werden nicht auf die Tischplatte abgelegt, beide Besteckteile liegen komplett auf dem Teller, die Gabelzinken zeigen nach oben.

Bestellen

Gastgeber helfen ihren Gästen bei der Auswahl, indem sie Empfehlungen abgeben und auch sagen, was sie selber essen werden. So wissen die Gäste, wie der Rahmen ist – in Bezug auf das Budget und die Anzahl der Gänge.

Sollte der Gastgeber die Empfehlung vergessen, sucht sich ein stilvoller Gast zwar eine Vorspeise aus, behält es aber vorläufig noch für sich und sagt erst einmal, was er zum Hauptgang gewählt hat. Wenn der Gastgeber nach der Wahl der Vorspeise fragt, ist klar, dass dies im Rahmen liegt.

Bestellen Sie immer gleich viele Gänge wie Ihr Gast oder Gastgeber.

Der Gastgeber kann, muss aber nicht, für seine Gäste bestellen. Wenn er es nicht tut, lässt er seinen Gästen den Vortritt und gibt auch der Servicekraft ein entsprechendes Zeichen. Der Gastgeber gibt dann als letzter seine Bestellung auf, inklusive des Weines.

Brot, Brötchen (Beilage)

Nicht abbeissen, sondern mundgerechte Stücke abbrechen. Wenn Butter oder ein anderer Aufstrich dazu gereicht wird, etwas davon auf den eigenen Brotteller nehmen und portionenweise auftragen und essen.

Brot nicht in der Sauce tunken oder den Teller damit auswischen. Allenfalls mit der Gabel ein kleines Stückchen Brot in die Sauce tupfen.

Brotteller

Steht links und wird nicht in die Mitte gezogen

Buffet

Die Gastgeber gehen mit den Gästen ihres Tisches als erste ans Buffet. Bei Stehempfängen eröffnet der Gastgeber zwar das Buffet, bedient sich dann aber selbst als Letzter.

Bei einem erneuten Gang ans Buffet bleibt der gebrauchte Teller am Platz liegen und sollte in der Zwischenzeit vom Servicepersonal weggeräumt werden. Wenn Sie zurückkommen und der Teller ist immer noch da, können Sie ihn zur Tischmitte hinschieben. Teller werden nicht gestapelt.

Auf dem Weg vom Buffet an den Tisch müssen Sie dem Drang widerstehen, vom Teller zu picken.

Lieber mehrmals ans Buffet gehen, als sich den Teller vollzuladen.

Cappuccino

Nach dem Essen sollte man keinen Cappuccino trinken. Milch verlangsamt die Verdauung und belastet den Magen nach der Mahlzeit unnötig durch ihre sättigende Wirkung, macht träge und müde. Ausserdem beleidigt man den Koch, denn man gibt ihm damit zu verstehen, dass das Essen nicht ausreichend war.

Ein schwarzer Espresso nach dem Essen wirkt sich hingegen positiv auf den Körper aus. Er macht nicht nur munter, die Bitterstoffe regulieren auch die Produktion der Magensäure. Zusätzlich hilft er, die Mundflora wieder ins Gleichgewicht zu bringen, denn die enthaltenen Polyphenole bekämpfen Bakterien und Zahnbelag.

„Caffè“ ist übrigens in Italien gleichbedeutend mit dem, was wir in der Schweiz, Deutschland und Österreich „Espresso“ nennen.

Damenhandtasche

Grössere Handtaschen neben sich auf den Boden stellen (so, dass das Servicepersonal nicht darüber stolpert). Clutches unter die Serviette auf den Schoss legen oder hinter sich auf den Stuhl (bei geschlossener Stuhllehne).

Ellbogen

Gehören beim Essen nicht auf den Tisch, nur die Hände und bis zu einem Drittel auch die Unterarme. Die Hände können zwischen den Gängen auch auf den Schoss gelegt werden.

Finger

Mit den Fingern darf bei Tisch dann gegessen werden, wenn Erfrischungstücher zum Gang gereicht werden oder eine Fingerschale links oberhalb des Brottellers eingedeckt wird. Darin sind lauwarmes Wasser und etwas Zitrone zur Bindung des Fetts. Die Fingerschale kommt mit einer eigenen Serviette, um die Fingerspitzen abzutrocknen. Für die Finger nicht die Mundserviette, die auf dem Schoss liegt, benutzen.

Getränke bei Tisch

Das einzige alkoholfreie Getränk, das zu einem stilvollen Festessen passt, ist Wasser. Süssgetränke harmonieren nicht.

Wird die Weinsorte beim nächsten Gang gewechselt, lässt man den allfälligen Rest des vorhergehenden Weins im Glas stehen.

Gläser (Gedeck)

Das Weinglas für die Hauptspeise (meistens ein Rotweinglas), steht oberhalb der Spitze des Hauptgang-Messers. Rechts davon ist das Weinglas zur Vorspeise (meistens ein Weissweinglas). In der Schweiz steht das Wasserglas entweder links vom Glas zur Hauptspeise oder im Dreieck hinter den zwei Weingläsern. In Deutschland steht das Wasserglas ganz rechts oder auch im Dreieck hinter den Weingläsern.

Gläser (Handhabung)

Gläser mit Stiel immer am Stiel anfassen und nicht am Kelch. Gläser ohne Stiel im unteren Drittel halten.

Handy

Gehört nicht auf den Esstisch.

Jacke, Jackett, Blazer, Sakko ausziehen

Bei formellen Anlässen erst dann, wenn die Gastgeber es anbieten oder die ranghöchste Person die Jacke ausgezogen hat.

Bei Geschäftsessen an heissen Tagen: Sprechen Sie sich ab, bitten Sie um Erlaubnis oder bieten Sie es an – je nach Rolle. Aber überlegen Sie immer, wie Sie in der Situation wirken wollen.

Kork im Glas

Nicht mit den Fingern herausangeln, sondern mit einem sauberen Löffel oder Messer. Oder bitten Sie um ein neues Glas.

Linkshänder am Tisch

Linkshänder sollen den Tisch nicht umarrangieren, können aber Besteck und Gläser so benutzen, dass es für sie angenehm ist. Abgelegt und abgestellt wird jedoch wieder so, wie es Rechtshändige tun. Das erleichtert dem Service die Arbeit.

Wenn Sie Fisch bestellen, fragen Sie nach, ob das Restaurant ein seitenrichtiges Fischmesser für Linkshänder hat. Es ist zwar nicht überall vorhanden, aber vielleicht haben Sie ja Glück.

Miesmuscheln

Miesmuscheln, Moules oder Cozze isst man mit den Fingern, indem man eine Muschel als Zange benutzt, um das Fleisch aus den anderen Muscheln auszulösen. Oder man hält eine Muschel in der einen Hand und benutzt mit der anderen eine Gabel.

Miesmuscheln sollte man nur in Monaten mit „r“ essen, das heisst in der kälteren Jahreszeit von September bis April. Von Mai bis August haben die Meeresfrüchte Laichzeit und das Muschelfleisch ist in diesen Monaten von minderer Qualität. Ausserdem filtern Muscheln in den warmen Sommermonaten besonders viele Algen aus dem Wasser. Bestimmte Algenarten hinterlassen Gift im Muschelfleisch.

Niesen bei Tisch

Rücken Sie den Stuhl etwas zurück, wenn Sie niesen oder husten müssen. Wenn Sie schnell genug sind, holen sie ein Taschentuch hervor. Wenn es Sie übermannt, niesen Sie in die Armbeuge, nicht in die Hand oder Mundserviette. Wenn Sie neben Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin sitzen, drehen Sie sich zu ihm/ihr ab.

Ober

Wenn Sie den Namen der Servicekraft nicht kennen, rufen Sie nicht „Ober!“, „Fräulein!“ oder „Bedienung!“ – das ist passé. Suchen Sie Blickkontakt und machen Sie eine freundliche Handbewegung.

Probieren/Kosten

Vom Teller des anderen zu kosten, ist nur in einem vertrauten, persönlichen und informellen Setting angebracht und auch nur dann, wenn der andere einverstanden ist oder es anbietet. Greifen Sie nicht über den Tisch in den Teller des anderen und füttern Sie einander auch nicht. Fragen Sie stattdessen den Service nach einem kleinen Extrateller, auf den Ihr Tischpartner etwas von seinem Essen mit Ihnen teilen kann und umgekehrt.

Rauchen

Verzichten Sie darauf, bei einem Essen zwischen den Gängen zu rauchen. Wenn Sie hinausgehen, entstehen Lücken am Tisch und die Konversation leidet darunter. Ausserdem bringt man den Zigarettenduft zurück an den Tisch, was Nichtraucher beim Essen als sehr störend empfinden können – genauso wie starkes Parfum, übrigens.

Warten Sie, bis die Teller vom Hauptgang abgeräumt sind; das ist der früheste Zeitpunkt für eine Zigarette. Bevor Sie an den Tisch zurückkehren, ist es nur höflich, sich die Hände zu waschen und den Atem zu erfrischen.

Servicepersonal

Wenn Sie eingeladen sind, bestellen Sie nicht von sich aus das Restaurantpersonal an den Tisch. Lassen Sie Ihren Gastgeber wissen, wenn Ihnen etwas fehlt.

Danken Sie der Servicekraft, wenn Sie Ihnen einschenkt oder das Essen serviert. Wenn Sie gerade in einer Unterhaltung sind und den Redefluss nicht unterbrechen wollen, geht das auch mit einem Nicken, Lächeln oder freundlichen Blick.

Serviette

Liegt auf der linken Seite oder in der Mitte. Sie wird auf den Schoss gelegt, nachdem man sich hingesetzt hat, spätestens, wenn der erste Gang serviert wird.  Bei einer Einladung wartet man darauf, bis es die Gastgeber tun.

Serviette in der Mitte falten, die Öffnung zum Körper hin. So kann man sich mit der Innenseite der oberen Hälfte des Tuchs den Mund abtupfen und die Aussenseite bleibt sauber.

Vor dem Trinken immer die Lippen abtupfen, damit keine Spuren auf dem Glas zu sehen sind.

Die Serviette bleibt bis nach dem Dessert auf dem Schoss liegen und wird erst dann (bei Einladungen erst, wenn es die Gastgeber getan haben) locker gefaltet links neben dem Gedeck abgelegt. So auch, wenn Sie den Tisch zwischendurch mal kurz verlassen müssen.

Papierservietten müssen nicht auf den Schoss gelegt werden, wenn sie abfärben könnten. Nach dem Essen nicht auf den Teller, sondern links daneben legen.

Suppenteller kippen

Rechtshänder dürfen ihn nach hinten rechts neigen, um den Rest im Teller auslöffeln zu können, Linkshänder nach hinten links.

Tischordnung

Je höher der Rang, desto näher zu den Gastgebern. Die bei einem gegebenen Anlass wichtigsten Gäste sitzen rechts der Gastgeber. Auf der jeweiligen linken Seite die Gäste mit dem zweithöchsten Rang. Gastgeber sitzen sich gegenüber. Als einzelner Gastgeber kann man den Ehrengast auch gegenüber platzieren.

Tischrede

Die wichtigste Tischrede wird zwischen Hauptgang und Dessert gehalten und sollte nicht länger als fünf bis höchstens zehn Minuten dauern. Während einer Tischrede soll nichts serviert oder eingeschenkt werden und stilvolle Gäste trinken und essen dabei auch nicht.

Unverträglichkeiten und Vorlieben

Wenn Sie etwas nicht essen können, dürfen oder möchten, sagen Sie es gleich bei der Einladung, damit Sie bei Tisch nicht etwas ablehnen müssen und Umstände entstehen.

War das nicht möglich, fragen Sie zu Beginn des Essens nach dem Menu und dann gegebenenfalls nach einer Alternative.

Wein bestellen

Gastgeber bestellen den Wein. Ausser sie sind sich sicher, dass ihr Gast ein Weinkenner ist – dann sollten sie aber besser nicht an ein Budget gebunden sein…

Zahnstocher

Nie bei Tisch gebrauchen. Zahnstocher mitnehmen und den Tisch verlassen, um störende Essensreste zwischen den Zähnen zu entfernen.

Zuprosten

Gäste warten, bis der Gastgeber das Trinken des alkoholischen Getränks eröffnet. Wasser darf von Anfang an getrunken werden, ohne dass man auf ein Zeichen warten muss. Der Gastgeber nimmt das Glas auf Brusthöhe, schaut in die Runde und prostet seinen Gästen zu. Am elegantesten mit einem „Zum Wohl“ oder „Auf einen schönen Abend“. Alle nehmen einen Schluck, suchen nochmals Blickkontakt in der Runde und setzen dann ihr Glas ab.

Beim Apéro muss nicht mit dem Trinken gewartet werden, bis es eröffnet wurde. Jeder beginnt zu seiner Zeit und kann denjenigen zuprosten, mit denen er im Gespräch ist.

Lachen Sie genug? – Ein Plädoyer für mehr Humor in Business Präsentationen.

von Catherine Tenger | 31. Oktober 2022

Wie wichtig ist es für Sie, gut vor anderen Menschen präsentieren oder sprechen zu können? Meiner Meinung nach gibt es fast keinen Arbeits- oder Lebensbereich, bei dem es nicht von Vorteil wäre, ein Thema überzeugend, irgendwie auch unterhaltsam und aus dem Herzen heraus vorzutragen. Sei es bei einer Teamsitzung, in der Sie Ihre Arbeitsergebnisse präsentieren, vor einem Kunden, dem Sie Ihre neue Produktelinie vorstellen oder als Rednerin an der Hochzeit Ihrer besten Freundin. Selbst vermeintlich trockene Zahlen oder komplexe Themen können packend sein, wenn sie auch so präsentiert werden. Den Beweis dafür lieferte der verstorbene schwedische Professor für Weltgesundheit, Hans Rosling, immer wieder. Falls Sie ihn noch nie über globale Gesundheits- und Armutsstatistiken haben reden hören, gönnen Sie sich seine TED Talks – sie sind ein wahres Erlebnis. Oder wie TED es beschreibt: „In den Händen von Rosling fangen Daten an zu singen.“

Dass Heiterkeit, Witz und eine gute Geschichte wichtiger Bestandteil eines gelungenen Vortrags sind, haben wir vermutlich alle schon selbst miterlebt – als Zuhörer oder Redner. Humor hat nicht nur eine positive Wirkung auf den Beziehungsaufbau zwischen dem Vortragenden und seinem Publikum – ein kollektives Lachen oder Schmunzeln fördert auch die Beziehung der Zuhörer untereinander.

Denken Sie an ein Fest, an dem Sie gemeinsam mit anderen Gästen über etwas gelacht haben oder an einen Kurs, der mit einem Einstieg begann, der Sie und die restlichen Teilnehmenden zum Schmunzeln brachte. Waren Sie den anderen da nicht gleich ein bisschen näher? Beobachten und vergleichen Sie schon nur mal die Vorstellungsrunden bei Meetings oder Seminaren. Wie fallen sie aus, wenn es gleich seriös zur Sache geht und was passiert, wenn die Gruppe vorher Gelegenheit zu gemeinsamer Heiterkeit hatte? Die Vorstellungsrunden im zweiten Fall sind immer lockerer, persönlicher und interessanter. Denn positiver Humor stärkt das gegenseitige Vertrauen und Verständnis, er wirkt entkrampfend und fördert das Gefühl der Gruppenzugehörigkeit.

Kontextbezogene humorvolle Beispiele tragen auch zum Verstehen und Abspeichern von vorgetragenen Inhalten bei. (Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten, finden Sie ein Kapitel dazu in meinem Ratgeber FORMAT.) Wenn Sie Ihre Zuhörer gut unterhalten können, verdienen Sie sich ihren Goodwill und damit umso mehr Raum, die seriösen Themen anzubringen.

Aber das ist noch nicht alles. Die Fähigkeit zur Erheiterung ist vor allem gesund, stärkt die Resilienz und lässt uns gelassener durchs Leben gehen. Humor ist nicht den Naturtalenten vorbehalten, er ist eine Fähigkeit, die man lernen und stärken kann, zum Beispiel bei einem Humortraining. Probieren Sie es aus!

Ich wünsche Ihnen viel Spass dabei und bis zum nächsten Mal!

P.S. Wenn Ihnen das gefällt, gefällt Ihnen bestimmt auch der praktische Ratgeber für Menschen mit FORMAT.

Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen

17. August 2022

Zwei hochaktuelle Debatten um politische Korrektheit prägen zurzeit unseren Wortschatz: zum einen unsere gendersensible Sprachwahl, zum anderen die Diskussion über Rassismus, rassistische Wörter und Bemerkungen.
 
Zum ersten Mal tauchte der Begriff „Political Correctness“ in den 1980er-Jahren in amerikanischen Universitäten auf. Als Gegenentwurf zur Verrohung. Die erste offensive Diskussion um das N-Wort gab es in Deutschland schon 2009. Eine Ursache dafür, warum Rassismus unsere Sprache prägt, ist auch die fehlende Aufarbeitung der deutschen Kolonialzeit. Darum ist uns nicht immer bewusst, ob und dass wir uns eines fremdenfeindlichen Stereotyps bedienen.
Um in einer diskriminierungsfreien Gesellschaft zu leben, müssen wir uns jedoch vermehrt mit dem Thema auseinandersetzen und sollten Interesse daran haben, angemessene Sprechweisen zu favorisieren. Mit einigen Klicks können sich heute alle über eine korrekte Ausdrucksweise informieren. Unzählige Webseiten listen rassistische Wörter auf und bieten Unterstützung für korrekte Alternativen an. Da wir ständig dazulernen, können wir auch unseren Sprachgebrauch anpassen.
 
Die Frage nach der Herkunft einer Person ist aus dem Smalltalk-Kanon herausgenommen worden. Sie sollte erst gestellt werden, wenn die Person besser bekannt ist und/oder der Mensch von sich aus etwas über die Familie erzählt, sonst kann es sein, dass der Unterschied zwischen den beiden Personen zu sehr hervorgehoben wird.
 
Rassistische Ausdrücke aus dem deutschen Sprachgebrauch
Begriffe, die durch die Kolonialisierung geprägt sind, entstanden zwar nicht in dieser Zeit, sind währenddessen aber so abwertend umgedeutet und verwendet worden, dass sie nicht benutzt werden sollten. Hier die wichtigsten kolonial-rassistischen Erbstücke der deutschen Sprache (und die des Vokabulars aus dem NS-Regim) sowie alternative Wörter, denen diese herabwürdigenden Bedeutungsanteile fehlen. Wichtig ist, dass wir politische Selbstbezeichnungen respektieren.
 
Farbige, farbig, dunkelhäutig, Mulatt*in, Mischling – Die Termini „Schwarze“ und „weiße“ Menschen beschreiben nicht die Hautfarbe, sondern sind politische Begriffe, die ausdrücken, ob eine Person von rassistischer Diskriminierung betroffen ist oder nicht. Selbstbezeichnung der Betroffenen: People of Color (PoC), Menschen of Color/Person of Color, Afrodeutsche*r.  „Biodeutsche*r“: einst scherzhaft-provokante Bezeichnung für Menschen ohne Migrationshintergrund wird nun von People of Color auch ernsthaft verwendet.
 
N-Wort/M-Wort – sind Begriffe, die Menschen schwarzer Hautfarbe beleidigen. Stattdessen: Schwarze*r Deutsche*r, Afroamerikaner*in oder Afrikaner*in, bzw. konkrete Benennung des Herkunftslandes.
 
Rasse – biologisch unterschiedliche „Menschenrassen“ aufgrund von äußeren Merkmalen gibt es nicht. „Rassen gibt es nur bei Haustieren“, so Johannes Krause, Direktor am Max-Planck-Institut Leipzig. Alternativ: Ethnie.
 
Zigeuner – die korrekte Bezeichnung lautet: Roma (so die Selbstbeschreibung) Männlicher Singular: Rom (Plural: Roma), weiblicher Singular: Romni (Plural: Romnja). Sinti/ Sintiza/Sinto/ Sintize sind die Nachfahren der Romagruppen.
 
Indianer – zusammenfassend: First American/Erstbewohner Amerikas, indigene Personen oder konkrete Bezeichnungen wie z. B. Tonkawa, Inkas.
„Squaw“ wird übrigens als Schimpfwort für eine indianische Frau verstanden. 
 
Weiterlesen bei www.oegg.deÖffentlichkeit gegen Gewalt e.V
 
Viele Vorurteile gegen andere Nationen finden sich in unserer Sprache wieder, die oft unbedacht verwendet wird. Daher sind auch Redewendungen wie „Rechnungen türken“ oder „herumzigeunern“ absolut unangebracht.
 
Wir werden nicht sprachlos, nur weil wir rassistische Begriffe aufgeben. Es ist so, wie mit jeder anderen Umgangsform auch: „Behandele Menschen, wie sie behandelt werden möchten!“ Alle haben einen Anspruch darauf, als Person geachtet zu werden. Eine Beleidigung ist dann eine, wenn sie als solche wahrgenommen wird – unser Gegenüber sie also als solche empfindet und sich diskriminiert fühlt.

Redaktion: Susanne Helbach-Grosser, TAKT & STIL, Imme Vogelsang, iv-imagetraining

Vielen Dank an meine Kollegin Susanne Helbach-Grosser, die für unser Netzwerk Etikette Trainer International diesen Beitrag geschrieben hat.

Wer sich gerne weiter mit dem Thema auseinandersetzten möchte, und das empfehle ich von Herzen, wird im Buch von Alice Hasters viele Antworten finden auf Fragen, die man sich bisher so vielleicht noch gar nie gestellt hat. Lesen Sie Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten. Die Autorin beschreibt eindrücklich, wie Rassismus ihren Alltag als Schwarze Frau in Deutschland prägt.

Abstand ist der neue Anstand

18. Juni 2022

Nach mehr als zwei Jahren Pandemie ist es nicht mehr selbstverständlich, sich zur Begrüßung die Hand zu geben. Den Impuls dazu spüren wir aber immer noch. Manche sehnen den Handschlag regelrecht zurück – und praktizieren ihn schon wieder regelmäßig. Deshalb befinden wir uns momentan oft in einem Dilemma. In unserem Kulturkreis ist es üblich, einer anderen Person zur Begrüßung die Hand zu reichen. Bedingt durch die Pandemie gilt es heute allerdings eher als höflich, erst einmal abzuwarten und zu schauen, ob das Hand geben auch dem Bedürfnis unseres Gegenübers entspricht. Das verunsichert viele.

Zu Beginn der Pandemie haben wir krampfhaft nach anderen Begrüßungsformen gesucht. Vom „Ellenbogen-Check“ über den „Fist-Bump“ und die Begrüßung von Fuß zu Fuß bis zu „Namasté“ war alles dabei. Der Mensch braucht offenbar entsprechende Rituale. Sich die Hand geben signalisiert eben auch: Wir kommen in friedlicher Absicht. Der Handschlag hat in unserer Kultur einen großen Stellenwert. Er ist mehr als nur Begrüßung. Der Handschlag gibt uns Sicherheit, er signalisiert Offenheit und er lässt uns die Verfassung unseres Gegenübers im wahrsten Sinne des Wortes „fühlen“. Der Kontakt über die Faust oder den Ellenbogen ist hingegen ein hartes, knochiges Erlebnis.  

Jetzt kommt aber zum Bedürfnis nach Sicherheit im sozialen Umgang auch das Bedürfnis nach Gesundheit hinzu. Wir müssen abwägen, was uns wichtiger ist. Mit Erstaunen sehen wir, wer sich schon wieder mit Handschlag oder sogar mit Küsschen auf die Wangen begrüßt. Viele zucken dabei zusammen: Zu viel Nähe, zu viel Risiko! Die Infektionszahlen bestätigen das leider immer noch. 

Was sollten wir im Umgang miteinander berücksichtigen? 
Nicht gleich von null auf 100. Im Kaufhaus-Fahrstuhl oder an der Supermarktkasse ruhig nochmals darauf aufmerksam machen, wenn der Abstand zu eng ist – das ist kein Spielverderben! Selbstverständlich können wir immer noch um mehr Abstand bitten, wenn wir uns eingeengt fühlen – ohne gleich als sozial auffällig zu gelten. „Ich fühle mich mit mehr als 3 Personen im Fahrstuhl nicht wohl – ich nehme lieber den nächsten …“, „Entschuldigung, aber ich möchte gern noch vorsichtig sein,“ „Es wäre nett, wenn Sie einen etwas größeren Abstand einhalten würden.“

Falls wir uns unwohl fühlen, dürfen wir das sagen
Unter Freunden, Bekannten oder im beruflichen Team ist eine Absprache leicht, z. B. „Ich bin noch nicht so weit, die Hand zu geben, lass uns damit bitte noch warten.“ Was aber, wenn die Chefin oder der Kunde die Hand zur Begrüßung ausstrecken? Hier ist Sensibilität gefragt: „Wollen wir uns schon wieder die Hand zur Begrüßung geben?“ Hier wird eine ehrliche Antwort erwartet, denn die Höflichkeit ordnet sich selbstverständlich der Gesundheit unter. Wenn jemand noch nicht so weit ist, sollte das in diesen Zeiten nicht als Unhöflichkeit betrachtet werden, denn Abstand ist der neue Anstand! 

Redaktion: Susanne Helbach-Grosser, TAKT & STIL, Imme Vogelsang, iv-imagetraining

Vielen Dank an meine Kollegin Susanne Helbach-Grosser, die für unser Netzwerk Etikette Trainer International diesen Beitrag geschrieben hat.

ETI ist ein Zusammenschluss von internationalen Etikette Trainern, die gesellschaftliche Entwicklungen diskutieren, mit traditionellen Formen vergleichen und gegebenenfalls neue Standards setzen. Diese Empfehlungen werden in Seminaren, Pressegesprächen und Veröffentlichungen transportiert. Alle Mitglieder haben eine qualifizierte Ausbildung im Bereich Umgangsformen, Hotellerie, Gastronomie oder Protokoll und bilden sich ständig weiter. Dieses Netzwerk von Spezialisten steht für Aktualität, Kompetenz und Qualität.

Was Begrüssungsrituale in der Politik bedeuten, zeigt dieser – auch heute noch relevante – Beitrag der NZZ aus dem Jahre 2017 auf.

Wirkung und Ausstrahlung: Auch die Sprache macht’s

von Catherine Tenger | 30. März 2022

Heisst es Homeoffice, Home-Office oder Home Office? Wann ist es angebracht, einen Euphemismus in der Sprache zu gebrauchen? Und wie schreibt man eine Professorin im Brief richtig an? Ob Grammatik, Rechtschreibung, Wortherkunft oder guter Stil: Der geniale Sprachratgeber auf Duden Online gibt dazu Tipps und Hintergrundwissen.

Es ist genauso anspruchsvoll, etwas passend und differenziert auszudrücken, wie etwa gut zu malen oder schön zu singen. Goethe hatte einen aktiven Wortschatz von ca. 91’000 Wörtern. Das muss nicht Ihr Massstab sein, aber schon die blosse Vorstellung, dass wir so viele Möglichkeiten hätten, unseren Ausdruck zu gestalten, ist grossartig. Je nachdem, wie Sie Inhalt, Sprache und Worte wählen, mit denen Sie kommunizieren, verleihen Sie Ihrem Auftritt eine andere Qualität. Je mehr Wörter wir aktiv nutzen, desto abwechslungsreicher und spannender wird unsere Kommunikation. Das bedeutet allerdings nicht, dass Sie mit viel Fachsprache, blumigen Ausdrücken und Fremdwörtern um sich schlagen sollen. Das wäre kontraproduktiv, denn dieser Schuss geht in den meisten Fällen nach hinten los. Aber Sie können stilistische Mittel bewusst einsetzen. Unbewusst machen wir das sowieso. Oder würden Sie ihren Fallschirmsprung beim Vorstellungsgespräch mit den gleichen Worten beschreiben wie am Tisch mit Freunden? Dem Personalchef gegenüber schildern Sie den Sprung vielleicht als Grenzerfahrung und unter Freunden bezeichnen Sie das Erlebnis als „der absolute Hammer“. Das heisst ganz und gar nicht, dass man sich verstellt oder nicht authentisch wäre. Es bedeutet, dass man verschiedene Register zur Verfügung hat, die man der Situation entsprechend ziehen kann – ohne sich selbst zu verbiegen.

Sie können Ihren Wortschatz aktiv trainieren. Ich kenne jemanden, der sich zum Ziel gesetzt hat, jeden Tag ein neues Wort zu lernen – ob er es braucht oder nicht. Denn auch ein grosser passiver Wortschatz ist wertvoll. Das geht ganz einfach: Nehmen Sie einen Duden zur Hand und fangen Sie bei A an. Es gibt aber auch Online-Dienste, die einem die Vielfalt der deutschen Gegenwartssprache in die Mailbox senden, wenn man möchte – jeden Tag mit einem anderen Wort.

Und es gibt noch mehr Wege:

  • Spielen Sie abends hin und wieder mal Scrabble mit Freunden.
  • Lesen Sie Bücher, Blogs, Artikel, Zeitungen, Zeitschriften zu verschiedensten Themenbereichen und mit unterschiedlichen Sprachstilen.
  • Hören Sie Podcasts von Leuten, die sich gezielt ausdrücken, z.B. Alles Gesagt? von Zeit Online
  • Schreiben Sie hin und wieder mal Briefe – das ist nicht nur bereichernd für Ihren Wortschatz, sondern dazu noch für Ihre Beziehung zum Adressaten. Und auch für die Post.
  • Schreiben Sie das, was Sie in einer Präsentation sagen möchten, zuerst einmal auf und suchen Sie dann nach Synonymen und Gegenbegriffen für einzelne Wörter. Achten Sie aber darauf, dass die Sprache immer natürlich bleibt.

Hier noch ein Tipp: Verzichten Sie auf bestimmte Ausdrücke in gewissen Situationen, wenn Sie eine souveräne Wirkung erzielen möchten. Vermeiden Sie zum Beispiel „ich muss“ und „ich soll“. Das klingt, als ob man fremdbestimmt wäre. Also, wenn Ihnen jemand noch einen Auftrag auf Ihre schon übervolle To-Do-Liste laden will, sagen Sie lieber nicht: „Ich muss noch diese Aufgabe erledigen, bevor ich Deine Anfrage bearbeiten kann“, sondern besser: „Ok, ich will noch diese Aufgabe erledigen, bevor ich Deine Anfrage bearbeite.“ Oder: „Ich erledige das hier noch und dann kümmere ich mich gleich um Deinen Auftrag.“

Sprache hat Wirkung. Nicht nur, weil sie unsere persönliche Wirkungskraft beeinflusst, sondern auch, weil sie unser Denken und Handeln formen kann. Sprache reflektiert Einstellungen, Bewertungen und Sichtweisen. Und darum ist eine faire und inklusive Sprache ganz einfach eine Haltungsfrage.

Meine Kollegin Susanne Helbach-Grosser von unserem Netzwerk Etikette Trainer International hat die wichtigsten Werkzeuge für eine respektvolle, inkludierende Sprache zusammengestellt:

  • Die einfachste Möglichkeit der gendersensiblen Sprache, ist die Beid-Nennung/Paar-Form in femininer und maskuliner Form (z. B. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter). Dies kann jedoch zur Überfrachtung in Text und Aussprache führen und berücksichtigt keine anderen geschlechtlichen Varianten.
  • Wollen wir alle Geschlechter ansprechen, benutzen wir Synonyme oder Umschreibungen: Die Leute im Team, Kollegium, Kundschaft, Steuerpflichtige, Direktion, Fachwissen, Teilnahmeliste, Reinigungspersonal…
  • Wir bilden Relativsätze: „Alle, die sich angemeldet haben, …“ statt: „Alle Angemeldeten haben …“
  • Wir wählen die direkte Anrede: Anstelle von: „Jeder muss die Vereinbarung unterschreiben“ „Bitte unterschreiben Sie die Vereinbarung.“ Bei einer Stellenanzeige zum Beispiel: „Kommen Sie in unser Team!“ So umgehen wir die Formulierung: „Bewerber*innen gesucht!“
  • Passivkonstruktionen verwenden: „Das Formular ist vollständig auszufüllen“ oder „Die Vorlage muss alle Punkte enthalten.“
  • Indefinitpronomen umformulieren: „Jemand, der so etwas sagt …“ in „Alle, die so etwas sagen …“  
  • Wenn Adjektive das Wort „Mann“ enthalten oder sich auf Personen beziehen, kann so gegendert werden: fachmännisch gleich fachkundig, Anfängerkurs gleich Einstiegskurs oder Kurs für Anfänger*innen.
  • An sich schon geschlechtsneutrale Wörter werden nicht gegendert, wie z. B. das Wort Mensch. Dieses Wort ist grammatikalisch gesehen zwar männlich, es bezeichnet aber sowohl Männer als auch Frauen und nichtbinäre Personen. Folgende Wörter haben auch kein feststehendes, grammatikalisches Geschlecht: die Person, das Mitglied, der Star, der Nerd, das Kind, das Individuum, der Liebling etc.

Den ganzen Artikel dazu können Sie hier lesen.

Bestimmen Sie aktiv mit, welchen Effekt Sie auf andere haben – denn einen Effekt haben Sie so oder so. Bestenfalls sind wir morgens, wenn wir die Augen öffnen, noch komplett wirkungsfrei. Aber schon mit dem ersten „hallo“ ist das vorbei.

Wie man Kontakte knüpft

von Catherine Tenger | 18. Februar 2022

Die Homeoffice-Empfehlung und die Maskenpflicht sind in der Schweiz gefallen. Viele, die in den letzten zwei Jahren in einem neuen Unternehmen angefangen haben zu arbeiten, kennen nur die zweidimensionalen Köpfe Ihrer Arbeitskolleginnen und -kollegen. Und wenn sie ihnen schon persönlich begegnet sind, dann vermutlich mit Maske. Jetzt ist der ideale Zeitpunkt, Kontakte zu knüpfen und Beziehungen aufzubauen. Denn nie war es so einfach, auf Leute zuzugehen und sich persönlich vorzustellen. Schauen Sie am Arbeitsplatz Ihrer Kolleginnen und Kollegen vorbei, sagen Sie etwas wie:  „Ich wollte mal persönlich hallo sagen, damit du mich auf dem Gang erkennst, so mit Armen und Beinen und allem“. Oder stecken Sie den Kopf zur Tür herein und fragen: „Wollen wir zusammen in die Kaffeepause?“. Nutzen Sie die Gunst der Stunde und seien Sie proaktiv! Denn in ein paar Wochen ist diese Gelegenheit schon wieder Schnee von gestern.

Eine neue Person kennenzulernen ist wie ein Überraschungsei in der Hand zu halten: Man ist neugierig zu erfahren, was in der Kapsel steckt. Wissen Sie noch? Manchmal war der Inhalt des Ü-Eis ein Highlight, weil spannend und neu. Hin und wieder eine Herausforderung beim Zusammensetzen und gelegentlich war das Verpackte enttäuschend, weil langweilig oder man hatte schon drei davon. Ich glaube es wäre eine Illusion zu denken, dass jeder neue Kontakt ein Highlight sein wird. Aber zumindest sollte man die Neugier nicht verlieren, es herausfinden zu wollen.

Das funktioniert in erster Linie über eine gute Unterhaltung. Sind wir ehrlich: Niemand will ein „Netzwerkgespräch“ führen. Es ist aber auch selten, dass wir mit neuen Leuten gleich tief schürfen. Darum ist die gute Version von Small Talk unsere beste Chance, überhaupt einmal an die Kapsel heranzukommen.

Neue Menschen trifft man überall: am Arbeitsplatz, in der Bahn, an einer Vernissage, beim Hundespaziergang. Aber Events waren schon immer eine der beliebtesten Plattformen, wenn es darum geht, beruflich neue Kontakte zu knüpfen. Allerdings ist die Jagd auf Visitenkarten und das Abgrasen der Gästeliste im Endeffekt wenig erfolgsversprechend. Viel sinnvoller ist es, offen auf andere zuzugehen, auch ohne die Erwartung, dass sie einem nützlich sein könnten. Denn wer weiss, vielleicht ist der andere ja die Mittelspersonen zu Ihrem wertvollsten Kontakt der Zukunft. Darum empfehle ich aus voller Überzeugung: Schauen Sie nicht auf die Namensschilder der Menschen, um zu entscheiden, ob sie Ihre Zeit wert sind. Sie wissen es nie.

Auf der anderen Seite ist es auch wichtig, sich auf einen Event vorzubereiten und zu entscheiden, wen man ganz sicher treffen will. Das gehört in vielen Fällen ja zu Ihrem Job. Schauen Sie sich daher, falls verfügbar, die Gästeliste vorher an. Dann haben Sie nämlich zusätzliche Möglichkeiten:

  • Sie können die Personen, die Sie kennenlernen möchten, schon mal anschreiben – per Mail oder über eines der professionellen Social-Media-Plattformen. Sagen Sie ihnen, dass Sie auch an diesem Event sein werden und sich über eine persönliche Begegnung freuen würden. Das macht es viel einfacher, auf andere zuzugehen. Der Kaltstart fällt damit weg. Und die Adressaten können sich auch auf Sie vorbereiten, wenn sie wollen.
  • Sie können die Gastgeber anschreiben oder direkt am Event ansprechen und sie um den Gefallen bitten, Sie mit der betreffenden Person bekannt zu machen. Überhaupt: Wenn Sie allein zur Veranstaltung gehen, sagen Sie doch mal den Gastgebern bei der Begrüssung, dass Sie ihnen für jede Vernetzung dankbar wären. Dann nehmen Sie sich ein Glas und halten sich eine Weile in ihrem Dunstkreis auf. Die Chancen, dass Sie mit jemandem bekannt gemacht werden, stehen besser, wenn Sie in ihrem Blickfeld sind. Meistens tun Sie ihren Gastgebern mit Ihrer Bitte auch noch einen Gefallen. Viele Gastgebende finden es nämlich gar nicht so einfach, sich von einem Gast zum nächsten zu bewegen. Sie haben ihr oder ihm also gerade eine perfekte Gelegenheit geboten, sich als richtig guten Gastgebenden auszuzeichnen.

Hier ist noch eine andere Idee, neue Kontakte zu knüpfen:

Laden Sie doch mal eine/n Bekannte/n oder Geschäftskontakt zum Lunch ein und sagen Sie der Person, sie soll jemanden mitbringen, den oder die Sie noch nicht kennen und Sie tun das Gleiche. Daraus können spannende Begegnungen entstehen. Es geht darum, Leute aus anderen Interessensgruppen und über die Berufsgrenzen hinaus kennenzulernen, um Ihr Netzwerk vielfältiger wachsen zu lassen. Machen Sie daraus aber keinen Verkaufsevent, werben Sie nicht für sich oder Ihr Unternehmen. Eventuell ergibt es sich von selbst, aber lassen Sie sich erst einmal einfach darauf ein, ein Überraschungsei in Händen zu halten.

P.S. Und falls Sie noch nie eins hatten: Ü-ei

P.P.S. So, und nach all dem habe ich nun ein unbändiges Verlangen nach meiner Lieblings-Schokolade!

Mehr zum Thema Networking und Tipps für die gute Version von Small Talk im aktuellen Ratgeber „Format